Einblick: Warum sollten B2B-Marketer ihre eigene Karriere planen?

Eine Karriere im B2B-Marketing will von langer Hand geplant sein. Doch wie gelingt das? Und welche Rolle spielt die eigene Positionierung als Marketer? Das verraten Nicole Kremer, Headhunterin und Marketingspezialistin, sowie Positionierungs- und Kommunikationsexpertin Christiane Wolff in ihrem Fachbuch „C-Level auf Zukunftskurs: Wie Sie Ihr Profil schärfen und Ihre Positionierung stärken".


Wie plant man die eigene Karriere im B2B-Marketing?| Haufe Group
© Ishtar-Najjar

Liebe Frau Kremer, liebe Frau Wolff, in Ihrem Buch stellen Sie eine spannende These auf: Eine Karriere, insbesondere im Marketing, will von Beginn an strategisch geplant sein. Ist das nicht etwas, das ein Berufseinsteiger gar nicht auf dem Schirm hat?

Nicole Kremer: In den allermeisten Fällen ist das so, ja. Nach dem Studium starten viele sehr euphorisch in ihren ersten Job. Sie fahren zunächst wie in einem Panoramabus als Passagier durch ihre Karriere, ein Job ergibt den anderen. Wirklich planvoll gehen junge Marketer dabei selten vor. Mit der Zeit merken sie oft, dass sie mehr oder etwas anderes wollen. Ende 30 bis Mitte 40 wird die Luft nach oben immer dünner. Spätestens dann sollten sich ambitionierte Marketer mit Fragen wie „Wohin will ich mich entwickeln?“, „Und geht das bei meinem derzeitigen Arbeitgeber?“ beschäftigen. Wer das für sich definiert, kann dann entsprechende Meilensteine setzen.

Wann ist ein guter Zeitpunkt, das zu tun?

Nicole Kremer: Prinzipiell gilt: Je früher, desto besser. Marketer haben in aller Regel eine begrenzte Halbwertszeit. Statistisch gesehen werden CMOs nach 2,3 Jahren ausgewechselt, und ab 45 wird es – aus meiner Erfahrung heraus – immer schwieriger. Dementsprechend sollten Marketer frühzeitig für sich sorgen und ihre Karriere sehr viel strategischer angehen.

Woran liegt das?

Nicole Kremer: Nun, mit dem Alter und der Erfahrung steigen die Gehälter. Da entscheiden sich Unternehmen gerne für jüngere und günstigere Marketingexperten. Idealerweise ist ein Marketer darauf vorbereitet und hat einen Plan B. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Geschäftsführer werden, andere Funktionsbereiche, wie den Vertrieb, den HR-Bereich oder das Sustainability-Management erobern. Oder sich gar selbstständig machen, etwa in der Transformations- oder Marketingberatung. Die Ausgangslage ist denkbar gut, denn Marketer kennen alle Unternehmensbereiche. Wichtig ist, diese Entscheidung bewusst zu treffen. Den beruflichen Werdegang dem Zufall zu überlassen, wäre eine verpasste Chance.

Christiane Wolff: Damit Marketer als Marke relevant bleiben, sollten sie schon in jüngeren Jahren an ihrer Positionierung arbeiten. Es gilt, die eigenen Kernthemen zu identifizieren, etwa in Sachen Digitalisierung oder Transformation. Erfahrungsgemäß verändern sie sich im Laufe der Karriere nicht mehr – und sind dementsprechend wichtig für die Positionierung. Und dann heißt es: Netzwerken, was das Zeug hält. LinkedIn betrachte ich als wichtigsten Kanal für Business-Themen. Dort können sich Marketer auch ohne externe Unterstützung einen Namen machen. Um die unternehmensinterne Karriere zu fördern, ist es ratsam, im Intranet oder in einem Vortrag von erfolgreichen Projekten zu berichten. Insbesondere in großen Unternehmen und Konzernen ist Networking Pflicht. Ohne die richtigen Leute zu kennen, ist es ab einem gewissen Karrierelevel sehr schwer, weiter aufzusteigen. Und auch die externe Kommunikation ist wichtig: Ein Fachbuch schreiben, Artikel in Fachzeitschriften veröffentlichen, als Speaker auftreten.

Nicole Kremer: Es ist doch alles eine Frage des Suchens und Gefunden-Werdens. Wie soll mich ein Recruiter oder Headhunter finden, wenn ich als Marketer nicht eindeutig positioniert bin? Der eine Marketer ist kreativ und stark in der Entwicklung von Produktinnovationen und außergewöhnlichen Kampagnen, wohingegen der andere großen analytischen Sachverstand mitbringt und sich im Performance-Marketing wohlfühlt. Wieder andere brennen für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. Weil die Komplexität, insbesondere im Online-Marketing, sukzessive steigt, wird die thematische Spezialisierung immer wichtiger. Der generalistische Marketer ist für mich schon fast ein Auslaufmodell.

Nicole Kremer © Ishtar-Najjar

Wie eignen sich Marketer diese Themenkompetenz an?

Nicole Kremer: Es geht nicht ohne Fortbildungen. Nur, wer sich mit aktuellen Business-Modellen und Trendthemen beschäftigt, bleibt als Marke am Markt relevant. Wer die digitalen Themen den jüngeren Kollegen überlässt, läuft Gefahr, schnell überholt zu werden.

Christiane Wolff: Es ist wichtig, die angesagten Themen und Trends zu kennen. Es kann eine gute Idee sein, sich ein Kompetenzteam aus fachlich versierten Freunden, Kollegen, Ex-Kollegen und Kommilitonen aufzubauen. So haben Marketer immer jemanden, den sie um Rat fragen können.

Nicole Kremer: Auch die Frage, wie sich eine Karriere „machen“ lässt, höre ich oft. Im Prinzip braucht es drei Dinge: Zuallererst eine gute Reputation, die sich Marketer insbesondere über erstklassige Arbeit und Erfolge, zum Beispiel in Leuchtturm-Projekten, erarbeiten. Zweitens kann es helfen, ein klares Karriereziel zu definieren sowie den Willen und das Durchhaltevermögen zu haben, es zu erreichen. Das wirkt sich auch auf die eigene Positionierung aus. Und drittens können ein gepflegtes LinkedIn-Profil und die Teilnahme an Diskussionen einen Push in Sachen Visibilität nach außen geben. Heute haben wir es selbst in der Hand, wie wir von anderen gesehen werden.

Christiane Wolff: Visibilität ist wichtig, keine Frage. Für mich ist ebenso entscheidend, auf Unwägbarkeiten vorbereitet zu sein. Wie die Dinge um uns herum passieren, darauf haben wir kaum Einfluss. Gut Positionierte sind schwerer aus der Bahn zu werfen. Aus einer gefestigten Position heraus ist es viel einfacher, Diskussionen zu beginnen und dabei auch mal eine kontroverse These in den Raum zu stellen oder mit einer Aussage zu provozieren. Klar, wer Ecken und Kanten zeigt, ist einerseits angreifbar. Aber andererseits gibt es keine bessere Möglichkeit, andere auf sich aufmerksam zu machen – vorausgesetzt, man hat sich einige wohldurchdachte Pros und Contras zurechtgelegt, um den Argumentationsfaden weiterzuspinnen.

Nicole Kremer: Absolut richtig. Wer gut positioniert ist und sein Netzwerk pflegt, hat deutlich bessere Chancen auf einen neuen Job. Es gibt etliche Studien mit ähnlichen Ergebnissen: 70 Prozent der Jobs werden innerhalb des eigenen Netzwerks vergeben. In 20 Prozent der Fälle ist es ein Headhunter, der geeignete Kandidaten findet. Die Stellenanzeige ist mit zehn Prozent eher selten der Weg in die Führungsetagen.

Apropos neuer Job. Wie gelingt es denn überhaupt, den richtigen Job zu finden – bei all den Möglichkeiten?

Nicole Kremer: Praktika sind nach wie vor eine gute Sache, um in Jobs oder Unternehmen reinzuschnuppern. In dieser Zeit möglichst viele Branchen und Unternehmen kennenzulernen, hilft Berufseinsteigern, sich darüber klarzuwerden, in welchem Umfeld sie arbeiten möchten. In Konzernen erhalten sie eine solide Grundausbildung, die sich nachhaltig positiv auf die Karriere auswirkt. Es gibt etablierte Trainee-Programme und viele Weiterbildungsangebote. Demgegenüber steht der Mittelstand – mit der Chance, Unternehmen ganzheitlich kennenzulernen. Und dann wären da noch die Start-ups, die echte Pionierarbeit leisten. Alles hat seinen ganz eigenen Reiz – und eröffnet Chancen für die berufliche Zukunft.

Wie gesagt – viele Möglichkeiten. Was empfehlen Sie ganz konkret?

Nicole Kremer: Ich persönlich bin gut damit gefahren, mein Handwerkszeug in einem Konzern zu erlernen. Bei der Wahl des Arbeitgebers kommt heute unbedingt das Thema Purpose als wichtiges Kriterium hinzu. Während Berufseinsteiger früher in möglichst namhaften Unternehmen arbeiten wollten, geht es heute verstärkt um die Haltung von Firmen in Sachen Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Diversität und dergleichen. Junge Einsteiger, aber auch Führungskräfte setzen sich sehr vermehrt damit auseinander, ob sie die Werte eines potenziellen Arbeitgebers teilen, wie authentisch das Unternehmen ist und ob sie sich dort individuell entfalten und weiterentwickeln können. Der vieldiskutierte Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt.
 

Christiane Wolff © Mica Wintermayr

Welchen Karriereplan hatten Sie, Frau Wolff?

Christiane Wolff: Einen ganz anderen. Ich hatte mich für die Agenturseite entschieden, um als Dienstleister viele verschiedene Unternehmen kennenzulernen. Bereits während des Studiums habe ich im Marketing gearbeitet. Überhaupt würde ich jungen Menschen empfehlen, in viele Bereiche reinzuschnuppern. Messen und Konferenzen besuchen, dort mit Menschen sprechen und – ganz wichtig – immer neugierig sein. Einen Nebenjob zu haben oder bei einem Start-up zu hospitieren, kann auch zielführend sein.

Welche Tipps geben Sie Berufseinsteigern – und auch erfahrenen Professionals –, um auf sich aufmerksam zu machen?

Christiane Wolff: Seine Stärken zu kennen und zu wissen, wo es karrieretechnisch hingehen soll, ist die Grundlage für eine Art Positionierungs-Redaktionsplan, der idealerweise zwei Jahre in die Zukunft reicht. Dieser Plan beinhaltet die relevanten Kanäle, wie etwa LinkedIn, ein Podcast oder auch Veranstaltungen wie die DMEXCO oder die OMR. Generell empfehle ich, auf drei Aspekte zu achten: auf ein gut gepflegtes LinkedIn-Profil, dass in Beiträgen nicht mehr als drei Hashtags erscheinen und dass maximal fünf Personen getaggt sind. Apropos Posten: Eigene Beiträge auf LinkedIn zu veröffentlichen, ist sehr wichtig, um vom Algorithmus wahrgenommen zu werden. Die Beiträge sollten für die Zielgruppe relevant sein und einen Mehrwert bieten. Und noch ein Tipp: Freunde und Bekannte auffordern, innerhalb einer Stunde zu kommentieren, zu liken und zu teilen. Und natürlich selbst fleißig teilen, liken und kommentieren.

Das klingt nach einem großen Zeitaufwand, oder?

Christiane Wolff: Zeit ist endlich. Darum gilt es, mit der eigenen Zeit gut hauszuhalten und sich auf einen Kanal zu fokussieren. Meiner Meinung nach kann das im beruflichen Kontext nur LinkedIn sein. Xing hat an Relevanz gegenüber LinkedIn verloren, Twitter ist sehr politisch und Facebook ist beruflich nicht relevant. Instagram kann für Marketer einen Mehrwert und Inspiration bieten, weil sie dort viele Beispiele für erfolgreiche Kommunikation finden.

Wie viel Zeit sollten Marketer ins Networking investieren?

Christiane Wolff: Da Netzwerken meine große Leidenschaft ist – ich habe vor 20 Jahren mit dem Nettwerk ein Netzwerk für Kommunikationsexpertinnen aufgebaut –, lege ich persönlich großen Wert darauf. Heute müssen Marketingexperten kein eigenes Netzwerk mehr gründen. Es gibt bereits viele, unter denen die allermeisten fündig werden. Wer sich dazu entscheidet, einem oder maximal zwei Netzwerken beizutreten, dem rate ich, aktiv zu sein und sich mit seinem Kernthema einzubringen. Niemand braucht inaktive Karteileichen. Business-Netzwerke sind eine tolle Bühne, um sich auszuprobieren. Einen Vortrag halten. Eine Präsentation zeigen. Mutig sein. Wer sich engagiert, bekommt am Ende etwas zurück – sei es ein Projekt oder ein Job.

Nicole Kremer: Ich würde immer raten, sich selbst zukunftsfähig aufzustellen.

Was meinen Sie damit?

Nicole Kremer: Es geht darum, die Zukunft zu antizipieren. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg waren tatsächlich nicht erwartbar. Und doch müssen sich Unternehmen auf solche Szenarien gedanklich vorbereiten und Risiken verteilen, etwa innerhalb der Lieferketten. Um erfolgreich zu sein, sollten sie die Konsequenzen aktueller Geschehnisse erfassen und ihr Geschäftsmodell entsprechend anpassen. Und dabei spielen Marketer eine große Rolle. Sie entwickeln neue Business-Modelle und haben durchaus ein Mitspracherecht, wenn es um Aspekte wie „Wo kommen die Rohstoffe für eine Schokolade her?“ und „Wie landet sie im Regal?“ geht.

Christiane Wolff: Wenn es um die zukünftige Rolle des Marketers geht, denke ich spontan an Employer-Branding. Marketer sollten es sich zur Aufgabe machen, die Mitarbeitenden zu Corporate-Influencern aufzubauen, die in der externen Kommunikation als positives Aushängeschild für das Unternehmen auftreten. Denn gute Leute ziehen gute Leute an. Und natürlich profitieren Professionals selbst davon, wenn sie als Unternehmensbotschafter agieren. Stichpunkt: Loyalität.

Nicole Kremer: Stimmt. Es geht für Unternehmen immer mehr darum, Arbeitsumfelder zu schaffen, in denen sich die Belegschaft wohlfühlt. Eine Firmenkultur zu etablieren, die Freiraum für Entfaltung lässt, wird im Wettbewerb um die besten Talente entscheidend sein. Und dabei übernimmt das Marketing wichtige konzeptionelle, gestalterische und operative Aufgaben. Marketer müssen innovativ sein, mit gutem Beispiel vorangehen und ihren Einfluss auf den Purpose geltend machen. Menschen – und damit meine ich nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Stakeholder wie Kunden und Partner – wollen motiviert und gecoacht werden. Und es ist am Marketing, die Basis hierfür zu schaffen.

Wir danken Ihnen beiden ganz herzlich für das interessante Gespräch und den Einblick, den Sie uns in Ihr Tätigkeitsumfeld gewährt haben.


Christiane Wolff ist seit über 20 Jahren Kommunikationsexpertin und positioniert für eine größere Sichtbarkeit mit viel Fingerspitzengefühl und den richtigen Botschaften CxOs. Sie war viele Jahre lang in leitenden Positionen in Agenturen tätig, zuletzt als CMO DACH bei dentsu und als Global Chief Corporate Communications Officer bei der Serviceplan Gruppe. Aktuell baut sie eine Boutique-Agentur für das Thema CxO-Positionierung unter dem Dach der PMMG Group auf. Ein weiteres Herzensthema ist das Netzwerken. Mit viel Leidenschaft und persönlichem Engagement leitet Christiane Wolff das „Nettwerk“, ein Netzwerk mit über 800 Frauen aus dem Umfeld Kommunikation, Marketing und Digital.
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Nicole Kremer ist seit über zehn Jahren begeisterte Matchmakerin für internationale Personalberatungen im Executive Search: Hofmann Consultants, Boyden International und Odgers Berndtson. Mit ihrem eigenen Unternehmen ZOOM Consult geht sie die Personalberatung heute ganzheitlich an, indem sie Executive Search, Career Consulting und Executive Sparring kombiniert. Ihr Fokus liegt auf der Besetzung von C-Level-Positionen in Digital, Marketing, Sales, HR und Finance. Nicole Kremer ist eine erfahrene Sparringspartnerin in der Karriereberatung und bereitet potenzielle Führungskräfte auf ihren nächsten Schritt, aber auch auf ihr ultimativen Karriereziel hin, vor. Führungskräfte zukunftsfähig zu machen, das ist ihre Mission. 
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Weitere Tipps für die Karriereplanung im C-Level erhalten Sie im Fachbuch C-Level auf Zukunftskurs: Wie Sie Ihr Profil schärfen und Ihre Positionierung stärken von Nicole Kremer und Christiane Wolff, das Anfang 2022 im Haufe Verlag erschienen ist. 


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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet.
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Bernd Junker
Bernd Junker
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