Warum ist glaubwürdiger und authentischer Content im grünen Marketing entscheidend?

Nachhaltiges Unternehmertum ist die große Herausforderung unserer Zeit, grünes Marketing eine logische Konsequenz. Warum der Erfolg des #SustainableMarketing untrennbar mit Glaubwürdigkeit und Authentizität verknüpft ist, erläutert Heiner Weigand, Experte für Nachhaltigkeitsmanagement und Inhaber der Agentur karmacom, im Interview.


Grünes Marketing: glaubwürdig und authentisch | Haufe Group
© Heiner Weigand

Lieber Herr Weigand, warum ist Nachhaltigkeit ein Thema, mit dem sich Unternehmen irgendwann beschäftigen müssen – ob sie wollen oder nicht?

Nachhaltigkeit ist ja kein neuer Trend. Umwelt- und Klimaschutz sind seit gut 40 Jahren Herausforderungen, vor denen wir lange die Augen verschlossen haben. Wichtig ist, dass wir den schwarzen Peter nicht mehr zwischen Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft hin- und herschieben. Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten.

Was können – oder müssen – Unternehmen tun?

Unternehmen stehen seit rund zwei Jahrzehnten vor fünf externen Herausforderungen: Digitalisierung, Globalisierung, demografischer Wandel, unvorhergesehene Ereignisse wie die Corona-Pandemie sowie verheerende Naturkatastrophen – und eben Nachhaltigkeit. Wir stehen vor keiner geringeren Aufgabe, als Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Klimaneutralität zu verändern. Das ist ein allumfassender Change-Prozess. 

Lassen Sie uns über grünes Marketing sprechen. Was ist das für Sie?

Nun, grünes Marketing ist für mich ebenfalls ein Veränderungsprozess – und keine Werbemaßnahme. Für Unternehmen geht es darum, eine Perspektive aufzuzeigen und sich zukunftsfähig – und das kann nur nachhaltig sein – aufzustellen. Dabei sind verschiedene Stufen des Engagements zu unterscheiden. Zunächst könnten Firmen über das Sponsoring grüner oder gemeinnütziger Initiativen an ihrem Markenimage arbeiten. Im zweiten Schritt gilt es dann, Nachhaltigkeit ins Unternehmen zu integrieren, etwa durch die Umstellung auf erneuerbare Energien. Das Ziel: den eigenen negativen Impact minimieren oder sogar eliminieren. Momentan arbeiten viele daran, Lieferketten zu optimieren, auf nachhaltige Materialien umzustellen und die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern zu verbessern. Die hohe Kunst ist es schließlich, Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft zu übernehmen, das heißt: Die eigenen Kunden dabei unterstützen, selbst grün zu werden.

Was hat das mit Marketing zu tun?

Es geht darum, diesen Veränderungsprozess authentisch und glaubwürdig zu kommunizieren. Und zwar nicht im Rahmen abgeschlossener Kampagnen, sondern fortlaufend. Das ist ein völlig neuer Ansatz: Unternehmen präsentieren keine finalen Ergebnisse, sondern rücken den Weg zum Ziel, also Work-in-Progress, in den Mittelpunkt der Kommunikation. Zugleich lassen sie ihre Zielgruppe an der eigenen Transformation hin zu einem nachhaltigen Unternehmen teilhaben. Dazu gehört viel Mut. Man muss sich erstmal trauen, zu sagen: „Wir haben noch keine Erfolge in Sachen Nachhaltigkeit vorzuweisen, aber wir arbeiten daran und berichten transparent von unseren Fortschritten.“ Dieser offene Umgang mit eigenen Unzulänglichkeiten ist das, was Vertrauen stiftet. Übrigens auch bei potenziellen Mitarbeitenden.

Der 1912 von der Werbeagentur McCann geprägte Slogan „The thruth well told“ ist eine tolle Leitlinie für die grüne Marketingkommunikation. Denn wer Greenwashing betreibt, wird entlarvt und gnadenlos abgestraft – insbesondere in den sozialen Netzwerken. Manchmal bleibt es beim Shitstorm. Das kann aus Imagegründen schon schlimm genug sein. Doch unter Umständen boykottieren Kunden eine Marke sogar. Denn Menschen erwarten, dass Worte und Taten zueinander passen. Tun sie das nicht, kann es wirklich übel werden. 

Wie lässt sich Authentizität in die Marketingpraxis integrieren?

Unternehmen müssen weg vom althergebrachten Kampagnendenken, hin zu integriertem Content-Marketing und kanalübergreifendem Storytelling. Es ist doch so: Wer sich weiterentwickelt, erzeugt dabei – ganz von selbst – erzählenswerte Geschichten. Und es gilt, diese Stories zu entdecken, sie als Markenbotschaften zielgruppengerecht aufzubereiten und in die jeweiligen Kanäle zu bringen. Ebenso wichtig ist es, diesen Ansatz mit der klassischen Marketingkommunikation zu verknüpfen. So gelingt es nach und nach, eine Marke samt ihrer Produkte grün aufzuladen.

Welche Maßnahmen können Unternehmen umsetzen?

Auf jeden Fall digitale. Im Sinne von Content-Marketing und Storytelling ist es naheliegend, dem Thema Nachhaltigkeit zum Beispiel einen eigenen Websitebereich zu widmen. Dort können Unternehmen von ihren Fortschritten berichten – und veröffentlichen so ganz nebenbei regelmäßig neue Inhalte, die – sofern sie suchmaschinenoptimiert sind – nicht nur für Google und Co. relevant sind, sondern auch für Kunden und Interessenten. Überhaupt erachte ich die Stakeholder-Kommunikation im Kontext von Nachhaltigkeit als sehr wichtig.

Was genau meinen Sie damit?

Neben vertriebsrelevanten Zielgruppen gibt es weitere Stakeholder, mit denen ein fortlaufender Dialog zu führen ist. Dazu zählen aktuelle und potenzielle Mitarbeitende, die mediale Öffentlichkeit, Partner, Anrainer und dergleichen. Um passgenaue Botschaften senden zu können, ist zu differenzieren, welche Art Ansprache die jeweilige Stakeholdergruppe bevorzugt: werblich, emotional, appellativ oder doch eher sachlich und nüchtern? Und dementsprechend sind die Inhalte dann aufzubereiten. So kann der Nachhaltigkeitsbericht ein tolles Medium sein, die eigenen Fortschritte als Work-in-Progress zu vermitteln. Auf einzelne Aspekte können Firmen dann in ihrem Blog, in Fachartikeln, in Interviews und dergleichen eingehen. Zudem sollten die nachhaltigen Argumente auch Einzug in Marketingkommunikation und Werbung finden. Dafür ist es dann wiederum entscheidend, Silos zwischen Unternehmenskommunikation, Marketing, HR, Print- und Online-Marketing aufzulösen. In Sachen Nachhaltigkeit darf es kein Gegeneinander geben. Es braucht ein Miteinander.

Wie gelingt es, dass alle an einem Strang ziehen?

Nachhaltigkeit ist in erster Linie eine Frage des Mindsets. Unternehmen sind gefordert, Dialoge und Diskurse bewusst zu führen. Es kann durchaus unangenehm sein, sich mit kritischen Rückfragen auseinanderzusetzen. Doch das ist unausweichlich. Ein nachhaltiges Mindset ist nichts, das das Management beschließt und das die Belegschaft dann umzusetzen hat. Nachhaltigkeit steht und fällt mit einer gemeinsamen Wertebasis. Und diese entsteht, indem sich Menschen austauschen. Dafür braucht es eine vertrauensbasierte, wertschätzende interne Kommunikation. Und wenn wir tief in uns hineinhören, wissen wir doch, dass Nachhaltigkeit der richtige Weg ist. Wir müssen also nur unserem intrinsischen Impuls folgen. Nicht mehr und nicht weniger.

Herr Weigand, vielen Dank für das Gespräch und Ihre eindringlichen Worte!

Heiner Weigand ist seit 2010 Inhaber der Nachhaltigkeitsberatung karmacom. Dabei liegt sein Fokus auf der Entwicklung von Strategien, die erlauben, aus unternehmerischer und sozialer Verantwortung wirtschaftlichen Erfolg zu generieren. Neben seiner Beratertätigkeit ist Heiner Weigand Autor, Coach und Trainer, Vorstand der Freiburger Denkfabrik und mehrfach ausgezeichnet mit dem Mittelstandspreis für soziale Verantwortung. Sein Fachbuch Green Marketing ist 2022 im Haufe-Verlag erschienen.

Möglichkeit zur Vernetzung:
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Lesetipp: Das CMO Barometer 2023 hat ergeben, dass Nachhaltigkeit und der Umgang mit Unsicherheiten die Agenda internationaler CMOs im Wirtschaftsjahr 2023 prägen werden. 

In unserem Gewusst wie: Mediaplanung erfahren Sie außerdem, wie Sie mit der richtigen Werbestrategie Ihre Kommunikationsziele erreichen.

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet.
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Jonas Cordruwisch
Jonas Cordruwisch
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