- DOMINIK CASTILLO
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Die Krise stellt Unternehmen vor zahlreiche Herausforderungen, auch was den Umgang mit ihren Mitarbeitern angeht. Im Interview erklärt Philipp Geyer, Vorsitzender der Geschäftsführung des Personaldienstleisters Unique, wieso es jetzt wichtig ist, die Balance zwischen Kostenreduktion und Planung für den Aufschwung zu finden.
10. Juni 2020
Lieber Herr Geyer, ein zentrales Anliegen der Initiative #fürEINANDER besteht darin, anderen eine Orientierungshilfe zu bieten und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen. Als Personaldienstleister versteht sich Unique als Bindeglied zwischen Menschen und Unternehmen. Was bedeutet die Krise für die Personalsituation in Unternehmen? Wie wirkt sie sich aus?
Die Krise betrifft die Personalsituation gleich in drei Bereichen. Die da wären: Personalplanung, Unternehmenskultur und verteiltes Arbeiten. Hinsichtlich ersterem sind Unternehmen erheblich unter Druck geraten. So waren sie angehalten, kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die es nun mittel- und langfristig zu prüfen gilt. Ich gehe davon aus, dass eine Dienstleistung wie unsere, die eine hohe Flexibilität bei geringem Risiko für Unternehmen mit sich bringt, in Zukunft an Bedeutung gewinnt. Zugleich hat die Krise einen Wandel in der Unternehmenskultur in Gang gesetzt. Gerade jetzt zeigt sich, wie wichtig ein gut funktionierendes Team ist. Es gilt, Kampfgeist und Willen an den Tag zulegen.
Auch ein gutes Krisenmanagement, das auf Struktur, Kommunikation und Antizipation beruht, ist nun essenziell. In unsicheren Zeiten wie diesen sehnen sich Mitarbeiter nach Führung. Warum? Sie suchen nach Orientierung und Halt. Und die richtige Führung kann ihnen genau das bieten. Viele Mitarbeiter sind aktuell dankbar, wenn jemand einen durchdachten Plan hat, bei dem sie mitmachen beziehungsweise dem sie folgen können. Selbst diejenigen, die von Grund auf eine hohe Eigenmotivation haben und sich Aufgaben gerne annehmen, wünschen sich in Krisenzeiten eine Richtungsvorgabe. Eine Führungspersönlichkeit, die den richtigen Weg aufzeigt, ist daher jetzt Gold wert.
Neu in der Situation ist außerdem das verteilte Arbeiten und die damit verbundenen Anforderungen in Sachen Flexibilität. Vor einem halben Jahr war es noch undenkbar, wenn bei einer Videokonferenz beispielsweise Kinder plötzlich durch das Bild gerannt sind. Das stieß doch eher auf Unverständnis. Inzwischen gehört es quasi zum guten Ton, wenn sich im Hintergrund bei einem Web-Meeting etwas Privates zeigt, etwa der Blick ins Wohnzimmer. So lernt man Menschen auf eine neue Art und Weise kennen und erfährt Dinge, die einem sonst verborgen bleiben. Ich finde es gut, dass uns die Krise in der Form einander näherbringt.
Es ist erfreulich, dass Sie der Krise auch Positives abgewinnen können. Dennoch stellt sie viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese zu meistern? Gibt es konkrete To-dos für Unternehmer und HR-Manager?
Wichtig ist, eine Balance zwischen Kostenreduktion und Planung für den Aufschwung zu finden. Dazu sind ein paar Dinge notwendig. Und zwar: Die Umsatzentwicklung genau zu beobachten und zu antizipieren, um Szenarien schnell anpassen zu können. Ebenso empfiehlt es sich, die Planung und damit verbundene personelle Möglichkeiten, immer wieder neu zu evaluieren. Hier bieten sich Unternehmen gleich mehrere Optionen. Darunter fällt auch, bei einer besonders schwierigen Lage des Betriebs Mitarbeiter zu entlassen. Dies sollte jedoch der letzte Ausweg sein. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Arbeitszeiten zu reduzieren oder Arbeitnehmer in Kurzarbeit zu schicken. Zweiteres hat sich in der Corona-Krise bewährt und ist vielerorts der bevorzugte Lösungsweg, wenn Unternehmen die Aufträge ausbleiben. Wir bei Unique pflegen zudem das Modell des befristeten Outplacement, das eine Alternative zur Kurzarbeit darstellt und eine Reihe an Vorteilen für Arbeitgeber und -nehmer bietet. Anstatt Kurzarbeit anzumelden, eröffnet ein befristetes Outplacement Unternehmen die Möglichkeit, die Arbeitsverhältnisse mit seinen Mitarbeitern auszusetzen beziehungsweise ruhen zu lassen. Für diesen Zeitraum ist es dann möglich, dass sie über einen Personaldienstleister wie Unique einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag abschließen und in einem Unternehmen eingesetzt werden, das gerade in der Krise weiter händeringend Mitarbeiter benötigt. So kann der Arbeitgeber kurzfristig seine Personalkosten minimieren, ohne Kurzarbeit einführen zu müssen. Für den Arbeitnehmer hat ein befristetes Outplacement den Vorteil, keine Gehaltseinbußen in Kauf nehmen zu müssen –- eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Neben dem Ausloten dieser Optionen ist es mindestens genauso wichtig, das Unternehmen den Dialog mit ihren Mitarbeitern suchen und erfragen, was sie bewegt. So können sie die Mitarbeiterwünsche wiederum in ihre Planung einfließen lassen. Parallel dazu ist es in der aktuellen Krise für Unternehmer, die Zeitarbeitnehmer leihen, wichtiger denn je, die eigenen Haftungsrisiken auszuschließen. Denn sie müssen einspringen, wenn Zeitarbeitsfirmen Löhne oder die Sozialversicherung nicht bezahlen – Stichwort Subsidiärhaftung. Daher sollten Unternehmen gerade jetzt Personaldienstleister genau unter die Lupe nehmen und die richtigen Fragen stellen.
In Ihren Ausführungen geben Sie viele wichtige Impulse für die Arbeitgeberseite. Nehmen wir jetzt doch einmal die Arbeitnehmerseite in den Blick: Was raten Sie Mitarbeitern, die aktuell um die Zukunft ihrer Jobs bangen (müssen)?
Die Krise bringt einen Paradigmenwechsel mit sich. Mein Rat lautet, dass sie sich jetzt damit auseinandersetzen sollten, was der anhaltende Ausnahmezustand für sie bedeutet. Wir sind in einer Welt aufgewachsen, in der das oberste Gebot lautete: Was kann ein Unternehmen für seine Mitarbeiter tun? Diese bestehende Sichtweise gilt es umzukehren und danach zu fragen, was jeder einzelne von uns in der aktuellen Situation tun kann. Etwa: Bin ich dazu bereit für mein Unternehmen zu kämpfen und die ganze Situation gemeinsam durchzustehen? So eröffnet die Krise die Chance, ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitern und Unternehmen entstehen zu lassen, welches sie dauerhaft zusammenschweißt. Nichtsdestotrotz kann es nicht schaden, die Nase in den Wind zu halten, um seinen Marktwert auszuloten und seine Optionen vorsichtig zu beobachten.
Vielen Dank, Herr Geyer, für Ihre weitreichenden Betrachtungen und Ihre Empfehlungen!
Mit über 40 Jahren Erfahrung und bundesweit rund 80 Standorten gehört Unique zur Top 15 der erfolgreichsten Personaldienstleister Deutschlands. Das Unternehmen bietet die gesamte Bandbreite an Personaldienstleistungen aus einer Hand: von der klassischen Arbeitnehmerüberlassung über die Personalvermittlung bis hin zu Großkundenlösungen wie On-Site-Management. Mit seinen beiden Schwestergesellschaften S+ und Technicum gehört Unique zur USG People Germany GmbH. Die wiederum ist Teil der Recruit-Gruppe.
Philipp Geyer ist CEO der USG People Gruppe in Deutschland und trägt damit die Gesamtverantwortung unter anderem für die operativen Marken Unique, Secretary Plus und Technicum. Zu USG People kam der Münchner 2008 als Experte im Mergerprozess zweier USG-Marken. Nach erfolgreichem Merger stieg Philipp Geyer als Manager Corporate Development bei Unique ein. Seit 2013 ist er in der Geschäftsführung von USG People Deutschland vertreten und seit 2019 der Vorsitzende der Geschäftsführung.
Unique und den Haufe-Verlag verbindet eine langjährige und sehr intensive Zusammenarbeit, aus der mittlerweile schon drei gemeinsame Sonderveröffentlichungen zu rechtlich relevanten HR-Themen hervorgegangen sind. Aber auch darüber hinaus herrscht zwischen Unique und der Personalmagazin-Redaktion sowie der Sales-Abteilung ein stetiger Informationsaustausch.
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