
- DOMINIK CASTILLO
- Tel. 0931 2791-751
- dominik.castillo@haufe.de
Obwohl momentan verstärkt Fachkräfte am Markt verfügbar sind, ist Employer-Branding unverzichtbar. Wer seine Arbeitgebermarke hegt und pflegt, profitiert davon in guten wie in schlechten Zeiten. Von seinen Erfahrungen im Employer-Branding berichtet Christian Flesch, Marketingleiter der Jobbörse Jobware, im Interview.
2. Juli 2025
Lieber Christian, Du arbeitest nicht nur seit rund 25 Jahren für ein und denselben Arbeitgeber, sondern beschäftigst Dich als Marketingleiter von Jobware auch beruflich mit dem Thema Employer-Branding. Wie sind die Unternehmen hier aus Deiner Sicht aufgestellt?
Dass Mitarbeitende so lange bei einem Arbeitgeber bleiben wie ich, wird immer seltener. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aspekte wie Nachhaltigkeit, Diversität und Work-Life-Balance spielen sicherlich eine zunehmend größere Rolle. Ich beobachte, dass sich viele Unternehmen sehr intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigen. Denn sie müssen Antworten auf die Frage nach dem Sinn, nach dem Purpose haben. Vor allem junge Leute wollen wissen, was sie durch ihren Job bewegen können. Welchen Beitrag sie für etwas leisten, das ihnen wichtig ist.
Es gibt Firmen, die sich detailliert damit auseinandersetzen, wofür sie stehen – und warum. Diese Unternehmen haben im Employer-Branding große Vorteile. Denn sie handeln und kommunizieren gemäß ihrer Überzeugung. Darum wirken sie sehr authentisch und glaubwürdig. Viele dieser Firmen beschäftigen eigene Marketingmanager für Employer-Branding. Das erhöht die Professionalität in diesem Bereich enorm. Demgegenüber stehen jene Unternehmen, die sich darüber wundern, dass sich keine Leute mehr bei ihnen bewerben oder dass sie Mitarbeitende verlieren. Hier ist das Employer-Branding – sofern es überhaupt stattfindet – eher im Personalbereich angesiedelt. Qualifiziertes Branding-Fachpersonal ist meistens Fehlanzeige. Unter solchen Umständen ist es sehr schwierig, einen roten Faden ins Employer-Branding zu bekommen.
Woran scheitert das Employer-Branding?
Nun, es ist nicht immer einfach, Unternehmenswerte und betriebswirtschaftliche Ziele in Einklang zu bringen. Authentizität ist das Allerwichtigste im Employer-Branding: Nur, wenn Unternehmen ihre Werte wirklich leben, können sie glaubwürdig darüber berichten und damit die gewünschten Leute auf sich aufmerksam machen. Wer zum Beispiel behauptet, auf Nachhaltigkeit Wert zu legen, sich dann aber nicht dementsprechend verhält, dem wird es kaum gelingen, Mitarbeitende zu gewinnen, die sich aus persönlicher Überzeugung für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzen.
Was können Unternehmen tun, um das Employer-Branding auf ein stabiles Fundament zu stellen?
Der Erfolg des Employer-Brandings steht und fällt mit der Positionierung. In Zeiten des Fachkräftemangels, eines gesellschaftlichen Wertewandels, des anstehenden Generationenwechsels in vielen Unternehmen und eines globalen Wettbewerbs um die besten Köpfe brauchen Firmen unbedingt qualifizierte Mitarbeitende. Die Arbeit muss schließlich gemacht werden. Doch Menschen sind wechselwillig. Job-Hopping ist an der Tagesordnung. Zur persönlichen Selbstverwirklichung gehört bei vielen berufliche Zufriedenheit. Manchmal geht es sogar darum, Erfüllung im Job zu finden. Ist das nicht gegeben, gehen Mitarbeitende schnell zu einem anderen Unternehmen – in der Hoffnung, dort glücklich zu werden. Um hier zu bestehen, müssen Firmen genau wissen, was sie wechselwilligen Talenten, aber auch erfahrenen Professionals bieten können.
Wie gelangen Unternehmen zu diesem Wissen?
Sich mit der Firmenkultur zu beschäftigen und mit den Werten, für die ein Unternehmen steht, ist ein Prozess. Wichtig ist, dass sich alle daran beteiligen: von der Geschäftsführung bis hinein in die Fachbereiche. Als besonders zielführend erachte ich interdisziplinäre Workshops, an denen Vertreter aus Marketing, HR, Vertrieb und dem Management teilnehmen. Die Ergebnisse – also die Werte und die gesellschaftlichen oder ökologischen Ziele, für die das Unternehmen steht – sind dann in allen Kanälen konsistent zu kommunizieren. Auch der Wille, wirklich etwas verändern und mit der Zeit gehen zu wollen, spielt hier mit rein. Am Ende müssen alle hinter dem Change stehen. Insbesondere das Management sollte mit gutem Beispiel vorangehen und die erarbeiteten Konzepte vorleben.
Was hat dies mit Employer-Branding zu tun?
Die Unternehmenskultur und die Werte finden hier ihren Praxisbeleg. Unternehmen müssen sich bewusst machen: Jede Art der externen Kommunikation – ob Stellenanzeige, Blogbeitrag oder PR-Artikel ist ein Touchpoint zu einem potenziellen Mitarbeitenden. Im Recruiting braucht es zutreffende Jobbeschreibungen, das ist klar. Doch das ist gar nicht der entscheidende Punkt. Viel wichtiger ist, die Zielgruppe zu verstehen. Manche Firmen haben sich noch nie damit auseinandergesetzt, wer zur Zielgruppe gehört. Oder warum es wichtig ist, sich überhaupt damit zu beschäftigen. Darum sollte Employer-Branding immer damit beginnen, dass Unternehmen ihre Employee-Persona definieren. Was wollen potenzielle Mitarbeitende? Wonach streben sie? Welche Ziele haben sie? Wie ticken sie? Über welche Touchpoints und Kanäle sind sie erreichbar? Aber auch: Was wollen sie nicht? Es geht letzten Endes darum, genau zu wissen, wen man ansprechen will und welche Argumente es braucht, um damit erfolgreich zu sein. Und Unternehmen müssen ein Gesicht haben – nach innen und nach außen. So können sie sich derart positionieren, dass sich einerseits potenzielle Mitarbeitende angesprochen fühlen. Relevant und ehrlich zu kommunizieren, eine zielgruppengerechte Sprache zu verwenden und wertebasierte ebenso wie authentische Einblicke ins Unternehmen zu geben, sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Andererseits trägt Employer-Branding wesentlich dazu bei, dass verdiente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen bleiben. Im besten Fall engagieren sie sich sogar als Markenbotschafter.
Employee-Persona definieren
Beantworten Sie diese und andere Fragen:
Über welche Touchpoints und Kanäle sind sie erreichbar?
Was können Unternehmen tun, damit ihre Mitarbeitenden als Fürsprecher auftreten?
Eigentlich geht es „nur“ darum, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das ist es, was am Ende zählt – auch im Wettbewerb mit der Konkurrenz. Differenzierung ist alles. Doch so leicht ist das gar nicht. Wenn sich Firmen nicht damit beschäftigen, was sie von anderen unterscheidet, worin sie richtig gut sind und was sie vielleicht sogar besser als andere machen – wie sollten sie diese USPs im Employer-Branding nutzen können? Daher ist das Bewusstsein für dessen Relevanz so wichtig. Und dann müssen Firmen natürlich operativ tätig werden, das ist klar. Die eigene Belegschaft wird schnell merken, wenn es dem Management ernst mit Unternehmenskultur, Werten und Haltung ist – und sich dann früher oder später ganz von selbst positiv über den Arbeitgeber äußern, ob im privaten Kreis oder auf Social-Media. Niemand kann besser als die eigene Belegschaft glaubhaft davon berichten, was ein Unternehmen auszeichnet, was besonders schätzenswert ist und wie es sich anfühlt, dort zu arbeiten. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin hat das Potenzial, als Testimonial eine gewisse Reichweite zu erzielen. Das haben viele Firmen nicht auf dem Schirm. So oder so ist es immer eine gute Idee, langfristig in das Personal und die Unternehmenskultur zu investieren. Das gilt insbesondere für Firmen in stark bewerbergetriebenen Branchen.
„Idealerweise gibt es ein Nebeneinander von Employer-Branding und der Schaltung von Stellenanzeigen. Mit professionell betriebenem Employer-Branding schaffen Unternehmen starke Arbeitgebermarken. Ein gutes Image und glaubwürdige Statements von Mitarbeitenden, die authentisch schildern, was ihren Arbeitgeber auszeichnet, erhöhen die Chance, passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, enorm.“
Eva Hofmann, Expertin für Employer Branding & Recruiting bei Haufe Media Sales
Du sprichst den Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt an.
Ja, genau. Früher hatten Unternehmen die freie Auswahl. Der Fokus im Recruiting lag auf der Stellenanzeige. Die Firmen haben das „Was“ und „Wie“ bestimmt. Bewerber waren Bittsteller, die sich anpassen mussten. Andernfalls hatten sie keine Chance. Heute sieht das ganz anders aus. Es gilt, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Bewerber sind kritisch und stellen zum Teil unangenehme Fragen. Darauf müssen Unternehmen vorbereitet sein. Monologartige Vorträge zu halten und Bewerber lediglich zu fragen, warum sie einen Job haben wollen und wo sie sich in fünf Jahren sehen – diese Zeiten sind passé. Es geht um echte Dialoge, um echtes Interesse, um einen echten Austausch.
Und auch, was das eigentliche Recruiting angeht, müssen Firmen neue Wege finden. Sie dürfen nicht mehr länger warten, dass potenzielle Mitarbeitende auf sie aufmerksam werden. Nein, sie müssen aktiv den Kontakt suchen – über die Stellenanzeige und die Karriereseite hinaus. Die technischen Möglichkeiten sind da. Unternehmen müssen sie nur nutzen.
Woran genau denkst Du?
Firmen können zum Beispiel offene Stellen auf Social-Media anteasern und kurze Fragebögen für Interessierte anbieten. So lassen sich mögliche Bewerber einfach, spielerisch und ohne große Hürde vorqualifizieren. Auch Campus-Apps wie UniNow, die One-Klick-Bewerbung oder die Bewerbung via WhatsApp können vielversprechende Optionen sein. Warum nicht Podcast-Werbung schalten, wenn sich dadurch die eigenen #ZielgruppenErreichen lassen? Und natürlich sollten Unternehmen ihren Erfolg messen.
Datenbasiertes Controlling ist auch im Recruiting wichtig. Insbesondere im digitalen Umfeld sind Unmengen an HR-Kennzahlen verfügbar – von der Anzahl der Bewerbungen über die Klickzahlen bei Online-Stellenanzeigen bis hin zum Ergebnis von A/B-Tests. Heute müssen natürlich auch Personal- und Marketingabteilungen den datenbasierten Beweis liefern, dass die Employer-Branding-Maßnahmen erfolgreich sind. Und was die Zufriedenheit der Belegschaft angeht: Ich kann Unternehmen nur raten, die Mitarbeitenden danach zu befragen. Wer es ernst damit meint und im Zweifel selbstkritisch mit negativem Feedback umgeht, hat die Chance, Vieles zum Besseren zu verändern. Es geht im Employer-Branding nicht darum, jedem Trend hinterherzurennen. Unternehmen sollten stattdessen die Augen offenhalten und echte Veränderung zulassen wollen. So erhöhen sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber. Und das macht sie letzten Endes erfolgreich.
Lieber Christian, wir danken Dir ganz herzlich für das Interview und Deine Einschätzung.
Christian Flesch ist seit rund 25 Jahren Marketingleiter bei der Jobware GmbH in Paderborn, einem der führenden Stellenmärkte. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann und dem Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing und Personalwesen sammelte er wertvolle Erfahrungen, unter anderem bei Siemens Finance & Leasing. Mit seiner langjährigen Expertise und ausgeprägtem Praxisbezug gilt Christian Flesch als ausgewiesener Branchenkenner im digitalen Recruiting und modernen Personalmarketing.
Christian Flesch auf LinkedIn
Sie möchten zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zielgerichtet ansprechen?
Schalten Sie Ihre Employer-Branding-Anzeige in unseren analogen und digitalen Fachmedien.
Oder Sie haben offene Stellen zu besetzen?
Veröffentlichen Sie Ihre Vakanzen im Haufe Stellenmarkt oder in unserem Portal speziell für HR-Jobs.
In unserem Whitepaper Stellenanzeigen heute erfahren Sie, wie Sie auf dem modernen Arbeitnehmermarkt punkten.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.