Jonas Triebel im Gespräch: „Wir müssen uns nicht dafür schämen, dass wir Geld verdienen müssen!“

Der aktuelle Entwurf der ePrivacy-Verordnung (ePVO) versetzt die deutsche Verlagswelt in helle Aufregung: Sie befürchtet Umsatzeinbußen im digitalen Bereich von rund 30 Prozent. Jonas Triebel ist Sprecher des Digital Steering Commitee im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ). Im Media-Lounge-Interview erläutert er die Haltung des Verbands zur ePVO und erklärt, warum er den Ansatz für den absolut falschen Weg hält.


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Herr Triebel, Sie sind im VDZ-Sprecher des Digital Steering Committee. Wo sehen Sie die derzeit größten Herausforderungen für Verlage, die die Anforderungen ihrer Kunden in Sachen Datenschutz, Tracking, Cookies etc. erfüllen wollen?

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO bzw. GDPR) bringt erhebliche Veränderungen und Herausforderungen für die Betreiber von digitalen Medienangeboten mit sich. Zugleich bietet sie jedoch auch eine große Chance: Die im VDZ vertretenen Medienhäuser nehmen den Datenschutz sehr ernst und gehören mit ihren inhaltlich hochwertigen und GDPR-konformen Medienangeboten zu den Vorreitern der Branche.

Der VDZ hat sich neben vielen weiteren Unterzeichnern in einem offenen Brief gegen die Pläne der Europäischen Union bzw. die ePrivacy-Verordnung ausgesprochen. Welche Aspekte des aktuellen Entwurfs erachten Sie als besonders kritisch?

Die ePrivacy-Verordnung soll im Kern die Rechte von Verbrauchern stärken. Das ist grundsätzlich wünschenswert. Leider bewirkt die ePVO in ihrer aktuellen Form das genaue Gegenteil. Die großen amerikanischen Datenplattformen werden gestärkt, während europäische Medienangebote massiv benachteiligt werden. Gleichzeitig wird das Nutzungserlebnis bei digitalen Angeboten für die Verbraucher deutlich verschlechtert. Es ist unglaublich, solch einen Entwurf aus der Feder einer der zentralen europäischen Institutionen hinnehmen zu müssen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was würden Sie am ePVO-Entwurf ändern?

Ganz klar: Die grundsätzliche Verteufelung von Cookies gilt es im Entwurf zu revidieren. Hier hat man einen völlig falschen Ansatz gewählt, denn viele Cookies verbessern den Komfort im Web ganz erheblich. Wir bieten den Nutzern maßgeschneiderte Qualitätsinhalte, basierend auf ihren individuellen Themeninteressen. Gleichzeitig sorgen Cookies für komfortable Recherchen und Bestellvorgänge. Und ja: Die Anbieter von digitalem Qualitätsjournalismus müssen Geld verdienen, und dafür benötigen sie nun mal Cookies. Ich finde, dafür müssen wir uns wirklich nicht schämen!

Wie sieht Ihr ganz persönliches Worst-Case-Szenario in Bezug auf die Umsetzung der ePVO aus?

Wir gehen davon aus, dass sich 30 Prozent des Digitalumsatzes in Deutschland pulverisieren werden. Sollte die ePVO in ihrer aktuellen Form wirksam werden, wird das ein digitaler Albtraum, der die Schließung zahlreicher unabhängiger Medien zur Folge haben wird.

Gibt es Maßnahmen, die Sie Ihren Mitgliedsunternehmen schon heute zur Vorbereitung auf die ePVO empfehlen?

Der VDZ fordert mit allergrößtem Nachdruck, den vorliegenden Entwurf zu revidieren. Aktuell würden die globalen Log-in-Giganten weiter gestärkt, während vor allem kleinere und mittelgroße Anbieter in ihrer Existenz bedroht sind. Die sinnvollste Vorbereitung besteht in einer inhaltlichen Abänderung der Richtlinie – und nicht darin, den Entwurf gegen jede wirtschaftliche und politische Vernunft durchzupeitschen.

Wie muss sich das Angebot der VDZ-Mitgliedsunternehmen verändern, damit es für Werbetreibende attraktiv bleibt?

Eine generelle Strategie und Antwort gibt es da nicht. Jeder Verlag – von der Publikumspresse über Special-Interest-Medien bis hin zur B2B-Presse, muss sein Portfolio auf die Bedürfnisse seiner Nutzer so ausrichten, dass die Entscheider in den Unternehmen den großen Mehrwert und Informationsvorsprung erkennen, den Editorial-Media-Umfelder liefern.

Steht Print womöglich sogar vor einer Renaissance? Schließlich wird Onlinemarketing in seiner bisherigen Form zukünftig nicht mehr erlaubt sein. Werden die Umfelder etablierter Fachmedien für Werbetreibende etwa wieder interessanter?

Print funktioniert in vielen Bereichen in Deutschland nach wie vor ausgesprochen gut, auch wenn der Wettbewerb teilweise extreme Ausmaße angenommen hat. Die Untergangspropheten sollten sich einmal auf ihre Verantwortung gegenüber einer Branche besinnen, die sie mit aller Macht kleinreden. Editorial Media funktioniert mit seinen Medienmarken auf vielen Kanälen nach wie vor gut und ist wirtschaftlich profitabel. Das gilt vor allem für die Fachmedien, aber auch viele Publikumsmedien müssen um ihre Zukunft nicht fürchten.

Die Auswirkungen der ePVO werden auch werbetreibende Unternehmen zu spüren bekommen. Wie sollten sie sich auf die ePrivacy-Verordnung vorbereiten?

Fälle wie bei Cambridge Analytica zeigen, dass es für marktbeherrschende Plattformen wie Google, Facebook oder YouTube aktuell ausgesprochen problematisch ist, glaubwürdig am Markt aufzutreten. Werbetreibende Unternehmen sollten noch viel genauer als bisher darauf achten, in welchen Umfeldern sie ihre Markenbotschaft platzieren. Umgekehrt müssen Plattformen prüfen, ob der Werbekunde legale Ziele verfolgt oder ob permanent Grauzonen getestet bzw. überschritten werden. Agenturen und werbetreibende Unternehmen finden in den Editorial-Media-Umfeldern der Verlage vertrauenswürdige und leistungsstarke Werbeflächen, die bei der Verteilung der Budgets eine viel stärkere Rolle spielen könnten. Verantwortlich im Sinne des Presserechts ist ein starker und vertrauenswürdiger Absender – gerade in Zeiten von Intransparenz und mangelnden Verantwortungsgefühls.

Jonas Triebel ist Sprecher des Digital Steering Commitee im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ). Gleichzeitig ist er als Chief Operating Officer und Chief Product Officer Mitglied der Geschäftsleitung der IDG Tech Media GmbH. Er hat seine Laufbahn im Jahr 2002 als Auszubildender bei IDG Deutschland begonnen und dort 2012 die Verlagsleitung der IDG Tech Media GmbH übernommen.  

IDG zählt mit über 13.000 Beschäftigten und einer Präsenz in 97 Ländern zu den weltweit führenden Medien- und Informations-Anbietern in der IT-Branche. Zum deutschsprachigen IDG-Portfolio gehören die Medienmarken COMPUTERWOCHE, ChannelPartner, CIO, PC-Welt und Macwelt. Mehr Informationen unter www.idg.de.
 

Christian Schmitt
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